Nachlese TRIALOG: Braucht es ein Einsamkeitsministerium?

Diesmal fand der Trialog nach längerer Pause wieder im Wissensturm unter Einhaltung der geltenden Coronaregeln (Registrierung und 3-G Regel) statt. Die Moderation des Trialogs hatte Andrea Ilsinger von EXIT-sozial übernommen. Sie erzählte zu Beginn die Vorgeschichte zu diesem Thema. Das Thema wurde schon vor 3 Jahren eingebracht. Zu dieser Zeit wurde in Großbritannien ein Einsamkeitsministerium eingerichtet. Traurigerweise nachdem jene Abgeordnete, die sich besonders dafür eingesetzt hatte, bei einem Attentat getötet worden ist. Braucht es für ein Gefühl, denn der Zustand alleine zu sein, bedeutet nicht unbedingt sich einsam zu fühlen, ein eigenes Ministerium?

Einsamkeit und deren Ursachen sind ein gesellschaftliches Phänomen. Gerade in den letzten eineinhalb Jahren die von der Pandemie geprägt waren, hat sich das deutlich gezeigt. Die Forderung, soziale Kontakte auf das Minimum zu reduzieren, das erzwungene Alleine- und „nur-mit-sich-selbst-beschäftigt“-Sein hat bei Vielen dieses Gefühl wieder erzeugt. Plötzlich waren nicht nur am Rande der Gesellschaft lebende Menschen mit Einsamkeit konfrontiert. Einsamkeit betraf bisher jene, die nicht oder nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen konnten. Viele Ältere die nicht mehr mobil genug sind, Kranke die nicht fit genug sind, Ärmere die sich keine Eintrittspreise leisten können und jene die Ausgrenzung erleben. Hinzu kommt, dass Einsamkeit ein Tabuthema wie Alter, Krankheit und Tod ist, über das kaum öffentlich gesprochen wird. Viele merken nach Jahrzehnten selbst nicht mehr, wie sehr sie dadurch bedroht sind. Manche sind durch ihren Alltag dermaßen eingeteilt und gefordert und fühlen sich mit ihren Problemen im Stich gelassen, kennen auch niemand an den sie sich wenden könnten. Gerade wenn etwas alleine nicht mehr geschafft wird, müssen Institutionen einspringen und das soziale Umfeld ersetzen. Weil ungerne darüber gesprochen wird, fehlt auch der gesellschaftliche Konsens derartige Strukturen adäquat zu finanzieren und trotzdem wird erwartet sie bereitzustellen. Alles in Allem, starke Argumente für ein eigenes Ministerium. Welche Agenden könnte ein solches Ministerium übernehmen. Maßnahmen gegen soziale Isolation, Förderung der Durchmischung gesellschaftlicher Schichten, Berücksichtigung in der Planung und Neubau von Einrichtungen und Förderung von niederschwelligen und preisgünstigen kulturellen Angeboten für Randgruppen. Es wurde auch überlegt einen anderen Namen für ein derartiges Ministerium zu finden und Begegnungsministerium genannt. Auch bei der anstehenden Pflegereform sollte das Thema Berücksichtigung finden. Zum Beispiel wird bei der Berechnung des Pflegegeldes kaum darauf geachtet. Nicht zuletzt wurde bei Freizeitangeboten der Sparstift angesetzt da dies nicht unter Pflichtleistungen des Chancengleichheitsgesetzes fällt.

Ein weiterer Gesprächspunkt war die Bedeutung von Medien und Einsamkeit. Wer sich einsam fühlt versucht mit Fernsehen und Internet dagegen anzugehen. Das unverbindliche Eintauchen in andere Welten tröstet und man ist nicht mehr alleine. Doch vieles erscheint unmöglich und unerreichbar, versteckte kommerzielle Interessen sollen Bedürfnisse und Sehnsüchte wecken. Oft bleibt gerade deshalb Frustration und erst recht das Gefühl von Einsamkeit. In sozialen Foren sortieren Algorithmen welche Inhalte angezeigt werden, es entsteht jene Filterblase, die wiederum isoliert. Zum Abschluss bleibt noch die oft erwähnte Eigenverantwortung. Das bedeutet sich um seine sozialen Kontakte kümmern. Sie müssen gepflegt werden, brauchen Zeit und die Fähigkeit sich mit Anderen auseinander zu setzen und manche Eigenheit zu tolerieren. Gerade die Auseinandersetzung bringt wichtige Rückmeldungen und die Erkenntnis nicht alleine auf der Erde zu sein.

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